Kommunalisierung von Gas- und Stromnetz

Aufbruch! ruft auf, zu den Stadtwerken Sankt Augustin zu wechseln

20.1.2022/ Vielen Haushalten ist in den letzten Tagen und Wochen eine Kündigung seitens ihres Energie-Versorgers ins Haus geflattert (Zeitungen, Radio und TV berichteten). Die plötzliche Kündigung der Energie-Lieferverträge für Strom und Gas erfolgte in der Regel nicht, weil die Kunden ihre Rechnungen nicht bezahlt hatten. Nein, andersherum: Die Billiganbieter im Energiemarkt hätten ihre Rechnungen an der Strombörse nicht mehr bezahlen können. Die den Kunden vertraglich zugesicherten Billigstpreise deckten die Kosten nicht mehr, die ihnen selbst in Rechnung gestellt wurden. In den betroffenen Haushalten geht deshalb trotzdem nicht das Licht aus, und auch die Gasheizung läuft weiter. Denn in einem solchen Fall fällt jeder betroffene Haushalt automatisch auf die Versorgung durch den sogenannten Grundversorger zurück. Strom und Gas laufen also weiter, nur die Rechnungen kommen vom Grundversorger, den „Stadtwerken Sankt Augustin“. Also warum dann nicht gleich auf "Nummer Sicher" gehen und auch in Zukunft seine Energie über die „Stadtwerke Sankt Augustin“ beziehen?

Endlich Stadtwerke Sankt Augustin!

16.10.2019/ Jetzt können die Einwohner von Sankt Augustin nicht nur wie seit Jahren gewohnt ihr Trinkwasser von der Stadt beziehen, sondern auch Strom und Gas. Endlich! Am 1. Oktober 2019 ist der Startschuss erfolgt. Dabei war der Anfang dazu mehr als holprig. Zunächst wollte die Verwaltungsspitze der Stadt den Stadtrat mal eben dazu bringen, die Gas-Konzession ohne vorherige Ausschreibung für weitere 20 Jahre an den bestehenden Konzessionär, die Rhenag, zu vergeben. Aber einige Mitglieder des Stadtrates waren hellwach und brachten den gesamten Rat dazu, sich dieser Hopplahopp-Vergabe zu widersetzen. Der Widerstand hatte zum Ergebnis, dass der Stadtrat als neue Zielmarke "integrierte Stadtwerke Sankt Augustin" ausgab. Da in der EU das jeweilige Leitungsnetz und das, was durch das Netz transportiert wird, zwei getrennte Paar Schuhe sind, musste zunächst das Gas-Netz, dann auch das Strom-Netz in das Eigentum der Stadtwerke gebracht werden. Das ging - trotz gesetzlich verbrieftem Kauf-Recht der Stadt - erst nach zähem Widerstand der Netz-Eigentümer. Denn dabei geht es um Einkünfte: Wer die Netze hat, kassiert auch die Nutzungsgebühr dafür. Nachdem komplizierte Verträge ausgearbeit, unterschrieben und so einige Millionen für die Netzkäufe geflossen sind, haben wir endlich das Ziel "Stadtwerke Sankt Augustin" erreicht. Auch wenn Sankt Augustin die Erträge aus dem Geschäft mit ihrem Partner RheinEnergie teilen muss, gilt dennoch: Wer Strom und Gas von den Stadtwerken Sankt Augustin bezieht, stützt damit die Finanzen der Stadt, tut also Gutes für die Allgemeinheit  - und somit auch für sich selbst.

Kleine Geschichte der Gas- und Stromversorgung

Ende 2006 scheiterte die von der Stadtverwaltung (BM und 1. Beigeordneter, U. Lehmacher) vorgesehene Verlängerung der Gas-Konzession um 20 Jahre an die Rhenag am Widerstand des Rates. Die daraufhin nach entspr. externer Beratung durchgeführte Ausschreibung ergab als Interessenten die Rhenag, die Stadtwerke Schwäbisch-Hall, die SWBB bzw. EnW (Energieversorgung und Wasser Bonn) und die BRS (s.u.)

Im Mai 2007 empfahl der HaFA dem Rat für die Gasnetz-Übernahme / Gas-Versorgung ein Beteiligungsmodell mit der Bietergemeinschaft SWBB / BRS. (Die BRS - Beteiligungsgesellschaft Rhein-Sieg - war 2003 gegründet worden. Beteiligte: 2/3 Kreis, 1/6 TroiKom, 1/6 SWBB.) Damit war die Rhenag aus dem Rennen; die Stadtwerke Schwäbisch-Hall waren schon vorher aus den Überlegungen ausgeschieden worden.

Ebenfalls im Mai 2007 beschloss der Rat ein Beteiligungsmodell wie vom HaFA empfohlen, allerdings ohne Beteiligung der BRS (die aber über ihre Beteiligung an der SWBB indirekt mit im Boot war). Gleichzeitig erfolgte in dieser Ratssitzung der Beschluss über die Gründung der Stadtwerke Sankt Augustin unter dem Namen EVG (Energieversorgungsgesellschaft) Sankt Augustin, an der die WVG (Wasserversorgungsgesellschaft) Sankt Augustin mit 51 % beteiligt sein sollte. Die EVG sollte nach dem Willen des Rates das Gasnetz im Sankt Augustiner Stadt-gebiet von der Rhenag übernehmen (Kauf). Die Rhenag bekundete, dass sie auf Grund einer anderen rechtlichen Bewertung der Gesetzeslage nicht bereit sei, das Gasnetz an die Stadt / EVG herauszugeben, insbesondere, weil sie die Rechte an der Netz-Nutzung an RWE übertragen habe.

Anmerkung: Das hatte die Rhenag in dem Moment arrangiert, als klar wurde, das der Konzessionsvertrag mit ihr nicht verlängert werden würde.

Im September 2007 beschloss deshalb der Rat, die EVG zu bitten, die Ansprüche der Stadt / der EVG ggü. der Rhenag (Kauf des Netzes durch die EVG) durchzusetzen. Für die Pläne der Stadt, Gasnetz (und die Verantwortung für die Gaslieferung) in die Hände der EVG zu legen, wurden seitens der gewerblichen Wirtschaft und der Gewerkschaften positive Stellungnahmen abgegeben. Einzig die mit Sankt Augustin befassten Mitarbeiter der Rhenag nahmen negativ Stellung, weil sie um ihre Jobs fürchteten. Von Bez.Reg. und Kreis wurden keine Bedenken vorgebracht.

Am 14. November 2007 bestätigte der Rat ausdrücklich seine Beschlüsse hinsichtlich der Durchsetzung der städtischen Interessen gegen die Rhenag ggf. mit Hilfe einer Klage.

Am 28. November 2007 empfahl der HaFA dem Rat folgende Beschlüsse:
1. Vornahme der zur Umsetzung der Ratsbeschlüsse notwendigen Änderungen am Gesell-schaftsvertrag der WVG
2. Zustimmung zur Übertragung der EnW Geschäftsanteilean der WVG an die SWBB. Bitte an die EVG, die städtischen Ansprüche ggü. Rhenag durchzusetzen.

Im Mai 2010 will der Bürgermeister auf Grund der Empfehlungen externer Berater dem Rat vor-schlagen, statt des beschlossenen Beteiligungsmodell eine "Ehe" mit der Rhenag einzugehen. Am 30. Juni 2010 beschließt der Rat, beim ursprünglich beschlossenen Modell zu bleiben (und ein ähnliches Modell für Strom-Netz und Strom-Versorgung zu konzipieren). Bürgermeister und EVG-Geschäftsführung haben die damit verbundenen Aufträge des Rates mittlerweile umgesetzt.
Als Nächstes steht der Stadt / der EVG eine gerichtliche Auseinandersetzung mit der Rhenag (vielleicht demnächst auch wegen des Stromnetzes mit RheinEnergie) ins Haus.